Eine royale Analfistel und deren Folgen

Der Sonnenkönig ist einer der bekanntesten Regenten der Geschichte. Ganze 72 Jahre lang herrschte er als König von Frankreich. Um genau zu sein, von 1643 bis zu seinem Tod im Jahre 1715.

In den Jahren seiner Regentschaft kommt er in den Genuss einer moderneren Welt: Vauban (französischer General und unglaublicher Festungsbaumeister: „Eine Stadt, die von Vauban belagert wird, fällt. Eine Stadt, die von Vauban verteidigt wird, ist uneinnehmbar!“ ), Le Nôtre (fantastischer und sehr berühmter Landschaftgärtner), La Fontaine (wer ist nicht mit seinen Fabeln aufgewachsen?) und so viele mehr.

Damals genossen die Chirurgen allerdings sehr wenig Ansehen. Operationen wurden nicht von Ärzten ausgeführt, sondern von Friseuren und Barbieren. Man verachtete sie wegen ihres verunreinigenden Kontaktes mit Blut. Durch den starken Einfluss der Kirche hielt sich das Verbot operativer Tätigkeit sehr lange.

Doch das 17. Jahrhundert bringt auch Änderungen in der „Medizin“. Zwar bleibt die Zweiteilung von Arzt und Chirurg, aber die Chirurgie beginnt allmählich sich zu emanzipieren. Auch die Proktologie war bis daher nicht eine Domäne, über die öffentlich gesprochen wurde, geschweige denn, dass sie von Medizinern betrieben wurde.

Seit Hippokrates unterliess man vor allem die gefährlichen Operationen von Analfisteln, da sie oft tödlich endeten. Als Ludwig der XIV ungefähr 50 Jahre alt ist, wird sein Fistelleiden immer dramatischer. 1686 klagt der König über „einen kleinen Tumor gegen das Perineum, neben der Raphé, zwei Kreuzfinger vom Anus, ziemlich tief, wenig berührungsempfindlich, ohne Schmerzen oder Rötungen, nicht pulsierend.

Es heilt nicht mehr ab und die Hofärzte des Sonnenkönigs sind überfordert

Monatelang sind Scharlatane am Hof und verkaufen ihre Tinkturen und Heilmittel. Nichts erlöst den armen Sonnenkönig und sein Zustand verschlechtert sich extrem. Da wagt der erste Chirurg (Ein riskantes Unternehmen. Wird nichts unternommen, stirbt der König. Aber wenn er während der Operation stirbt, ist es auch das Aus für den Chirurgen.

Wie „gut“, dass es so viele mehr Menschen mit dem Leiden gibt. Also geht er von Gefängnis zu Gefängnis innerhalb Frankreichs und operiert und probiert verschiedene Operationstechniken an den Gefangenen mit Analfisteln aus.

Er bemerkt schnell, dass die Instrumente eines Chirurgen essentiell für das Gelingen der Operation sind und zusammen mit einem Handwerker schaffen sie das erste gebogene Skalpell.Dank des Erfolges am 17. November 1686 erlebt die moderne Chirurgie endlich Anerkennung. Innerhalb von 2 Monaten kann Ludwig der XIV sogar wieder reiten. Für viele ist es vor ein Wunder und der Glaube, dass ein König von Gott bevorzugt wird. Für andere ist es endlich Hoffnung von einem Leiden geheilt zu werden.

Wussten Sie schon?

… dass nach einer Legende die englische „God save the queen“ Hymne aus dieser wundersamen Genesung mit Texten von Madame de Brinon entstanden sein soll?

… dass es damals gang und gäbe war, nebst Aderlass auch Einläufe regelmäßig durchzuführen

… dass Ludwig der XIV 2000 Einläufe (und 5000 Aderlässe) hatte